Warum ist die Erftaue so wertvoll?

Weil sie ein wertvolles Naherholungsgebiet ist.

Für die Bewohner von Kapellen, Wevelinghoven und den benachbarten Orten ist die Erftaue aufgrund seiner Schönheit und Naturnähe ein wichtiges Naherholungsgebiet. Hier fühlen sich Spaziergänger, Radfahrer, Jogger, Gassi-Geher, Angler, Vogelkundler und Wassersportler wohl, weil sie eine relativ natürliche Landschaft siedlungsnah erreichen können und dazu noch Wasser vorhanden ist, das für Erholungszwecke immer gern aufgesucht wird.

Diese besondere Bedeutung gilt aber auch im regionalen Maßstab: In der strukturarmen Agrarlandschaft im Kreis Neuss gilt die Erftaue von Neuss nach Grevenbroich als attraktives für viele Erholungssuchende aus den umliegenden Orten.

Frau mit Hund

Pirol, in NRW vom Aussterben bedroht (Foto: Naturhueter.de) und Eisvogel

Weil hier viele seltene Tier- und Pflanzenarten leben.

Hinzu kommt die herausragende Bedeutung für den Naturschutz: Hier haben viele seltene Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum gefunden, zum Beispiel Eisvogel, Pirol, Schleiereule, Rot- und Schwarzmilan, Kleinabendsegler, Mückenfledermaus und 6 Amphibienarten (1). Auch der Erftverband hat Daten zur Gewässerfauna und -flora veröffentlicht (2).
Für Interessierte empfehlen wir die Natur-Erlebnisführungen von Martina Meyer, auch und insbesondere für Kinder (3).
Kinder lernen den Wert der Erftaue kennen (Fotos: Naturhueter.de)

Weil sie Teil eines schützenswerten Landschaftsraums ist.

Ein Landschaftsplan stellt die örtlichen Erfordernisse und Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege und zur Förderung der Biodiversität dar und setzt sie rechtsverbindlich fest. Der Landschaftsplan des Kreises Neuss formuliert für die Erftaue zwischen Kapellen und Wevelinghoven das Entwicklungsziel „Erhaltung einer mit naturnahen Lebensräumen oder sonstigen natürlichen Landschaftselementen reich oder vielfältig ausgestatteten Landschaft“ und stellt sie unter Landschaftsschutz.

Die L 361n würde in der Nähe des rot umrandeten Naturschutzgebiets verlaufen und einige der rot schraffierten Flächen beeinträchtigen. Hier gilt ein Umwandlungsverbot, d.h. „dass eine Umwandlung dieser Flächen in eine andere Nutzungsart (z. B. Acker) unzulässig ist. Für diese Festsetzung wurden ökologisch sehr wertvolle Flächen mit hoher Strukturvielfalt und wesentlicher Refugial- und Ausgleichsfunktion sowie ökologisch wertvolle Flächen mit zahlreichen gliedernden Einzelelementen ausgewählt“ (5).

Landschaftsplan des Kreises Neuss (4) und geplante L 361n

“Regionale Grünzüge” des Regionalplans Düsseldorf (6)

Weil sie zu einem regionalen Grünzug gehört.

Die Erftaue ist von besonderer Bedeutung für Menschen, Tiere und Pflanzen. Sie dient zur Siedlungsgliederung, Naherholung, zum klimaökologischen Ausgleich und zur Biotopvernetzung. Im Regionalplan für den Regierungsbezirk Düsseldorf ist sie dementsprechend als Regionaler Grünzug ausgewiesen. „Als Räume mit besonderen Ausgleichs‐ und Ergänzungsfunktionen … sind sie im Hinblick auf ihre freiraum‐ und siedlungsbezogenen Aufgaben und Funktionen zu erhalten, zu entwickeln oder zu sanieren und vor anderweitiger Inanspruchnahme besonders zu schützen. Dazu sind in ihnen die räumlichen Voraussetzungen für die siedlungsräumliche Gliederung, die freiraumorientierte Erholung, den Biotopverbund, die Freiraumvernetzung und den klimatischen und lufthygienischen Ausgleich zu erhalten und zu entwickeln” (7).

Weil sie bei Hochwasser als Überschwemmungsgebiet dient und so zerstörerische Auswirkungen auf Wohngebiete verhindern kann.

Ein weiteres wichtiges Argument für die Erhaltung der Erftaue ist der Hochwasserschutz. Um Schäden durch Hochwasserereignisse zu verringern oder zu vermeiden, werden Überschwemmungsgebiete festgesetzt. Dort sind u.a. die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen und das Erhöhen der Erdoberfläche untersagt, damit sich das Hochwasser hier ausbreiten kann und Siedlungsgebiete im Unterlauf der Erft weniger überflutet werden.

Die Bezirksregierung hat 2023 neue Überschwemmungsgebiete an der Erft festgesetzt (8), die bei einem 100jährigen Hochwasser überflutet werden. Das Gebiet umfasst auch einen großen Teil der Flächen, auf denen die L 361n geplant ist. Unserer Meinung nach ist hier eine L 361n in Dammlage aus Hochwasserschutzgründen nicht mehr möglich.

“Überschwemmungsgebiet der Erft (8) und geplante L 361n”

Vom Ahrhochwasser zerstörte Brücke

Hierbei sind Extremhochwasser wie 2021 an der Ahr noch nicht einmal berücksichtigt. Da uns mit dem Klimawandel zunehmend Hochwasser im wahrsten Sinne ins Haus stehen, dürfen unsere Auen generell nicht weiter eingeengt oder bebaut werden! Angesichts der katastrophalen Schäden an der Ahr wäre es auch ökonomisch unverantwortlich, neue Brücken in die Aue zu bauen.

Weil die geplante Renaturierung der Erft noch mehr ökologischen Lebensraum schafft.

Der Erftverband hat gemäß Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie Konzepte entwickelt, wie die Erft in einen guten chemischen und ökologischen Zustand gebracht werden kann (Renaturierung).

Aufgrund des vorgezogenen Endes des Braunkohlentagebaus muss dieser Prozess beschleunigt werden. Hierfür hat der Erftverband ein Perspektivkonzept (9) vorgelegt, das u.a. Entfesselung, Mäander und Sekundärauen vorsieht. Insgesamt wird sich hieraus eine deutliche ökologische Verbesserung ergeben, die den o.g. Wert der Erftaue weiter steigern wird.

In Neuss-Gnadental kann man die Ergebnisse der Renaturierung (10) bereits bewundern. Foto: Mit freundlicher Genehmigung des Erftverbands.

Quellen:

  1. Faunistische Untersuchung zur L 361n, Zugriff am 25.11.22
  2. Pflanzen und Tiere der Erft, Erftverband, Zugriff am 25.11.22
  3. Natur-Erlebnisse, www.naturhueter.de, Zugriff am 23.4.23
  4. Landschaftsplan des Kreises Neuss, letzte Änderung 10.11.20, Zugriff am 23.11.22
  5. Landschaftsplan Neuss Teil VI, Textliche Darstellungen und Festsetzungen, S. 55, Zugriff am 25.11.22
  6. Beikarte 4C “Regionale Grünzüge” des Regionalplans Düsseldorf, Zugriff am 23.11.22
  7. Regionalplan Düsseldorf, Stand 2.5.22, S. 88
  8. Ordnungsbehördliche Verordnung zur Festsetzung des Überschwemmungsgebietes der Erft von km 0,5 bis km 27,7 im Reg.Bez. Düsseldorf, Zugriff am 23.11.22″.
  9. Perspektivkonzept Untere Erft, Erftverband, Zugriff am 23.11.22″.
  10. Renaturierung der Erft in Neuss-Gnadental, Erftverband, Zugriff am 23.11.22