Rede Bürgermeister Krützen anlässlich unserer Fahrraddemo 2022

Liebe Freunde der Erftaue,
lieber Herr Schimanski, lieber Dirk,
lieber Herr Behrens, lieber Rolf,

sehr gerne bin ich natürlich mit dem Fahrrad hier zu euch und Ihnen nach Kapellen gekommen, um euer Anliegen zu unterstützen. Als begeisterter Läufer und Wanderer kenne und liebe ich die Erftaue.

Einen Spaziergang oder eine Wanderung zu unternehmen hat sich in den letzten Jahren zu einem neuen Trend entwickelt. Wohnortnahe Möglichkeiten, die man beispielsweise auch in der Mittagspause im Homeoffice nutzen kann, gewinnen nicht nur deshalb zunehmend an Bedeutung.

Naturschutz ist kein Selbstzweck, sondern bringt echten Mehrwert für die Menschen mit sich. Die Erftaue sollte nicht beeinträchtigt werden, weil man Autoverkehr von bestehenden Straßen auf eine neue Straße verlagern möchte. Das Grundproblem ist doch vielmehr, wie wir zurzeit noch Mobilität organisieren.

Wenn mehr Menschen den ÖPNV oder das Rad auch für ihre Alltagswege nutzen, werden die Orte vom Verkehr entlastet, ohne dass es neuer Straßen bedarf. Trotzdem wird man in Kapellen und Wevelinghoven zusätzliche Maßnahmen ergreifen müssen, um den Durchgangsverkehr rauszuhalten. Leider verweigert sich das Land mit seinen Behörden stoisch unseren Vorschlägen. Offenbar ist dort ein von oben gelebter Mentalitätswandel notwendig, um zu einem Umdenken zu kommen.

In der Stadtverwaltung arbeiten wir an einem neuen Mobilitätskonzept, das diesem Gedanken folgt. Einige der Anwesenden haben ja auch an dem Workshop teilgenommen, den wir als Auftakt zum Erarbeitungsprozess mit vielen Akteuren aus der Stadtgesellschaft durchgeführt haben. Wir wollen kurzfristig erste Maßnahmen daraus umsetzen. Es zielt auf die Stärkung von Rad und Fußgängerverkehr und ÖPNV, generell darauf, für kurze und mittlere Strecken die Nutzung des Autos verzichtbar zu machen. Es geht ein Stück weit auch um eine Neuaufteilung des vorhandenen Platzes.

Wie groß das Beharrungsvermögen in Teilen der Bevölkerung und leider auch in Teilen der Medien noch ist, zeigt aber beispielhaft die Diskussion um die Umgestaltung der Bahnstraße und des Bahnhofsviertels. Ja, Autofahrer haben jetzt weniger Platz. Sie müssen mehr Rücksicht nehmen, langsamer fahren, es ist enger geworden. Parkplätze stehen nicht mehr in dem Maße wie bisher zur Verfügung. Das ist aber nicht der Weltuntergang, wie ihn manche darstellen. Sondern eine Frage von Gewöhnung. Wenn mir dann aber versucht wird zu erklären, es gehöre zur Lebensqualität zwingend dazu, einen öffentlichen Parkplatz direkt vor der eigenen Haustüre nutzen zu können, stößt bei mir auf wenig Verständnis. Wer sich ein Auto anschafft, ohne einen privaten Stellplatz zu haben, muss in Kauf nehmen, auch mal länger einen Parkplatz suchen zu müssen und auch mal weitere Wege zurücklegen zu müssen. Das geht mir in unserem Wohngebiet genauso.

Die L361n ist ein Planungsrelikt aus einer längst vergangenen Zeit. Nahezu alle Parteien in Grevenbroich haben sich davon verabschiedet. Grüne und Linke waren nie dafür, SPD, UWG und Mein Grevenbroich sind auch schon lange davon abgerückt, und die FDP stellt inzwischen auch die Grundsatzfrage. Nur die CDU hält noch eisern daran fest.

Ich bin Realist: Wenn diese seit Jahrzehnten geplante Straße bis jetzt nicht gebaut wurde, wird sie auch nicht mehr gebaut. Es muss nur endlich einmal jemand den Mut haben, das an verantwortlicher Stelle im Land auch so zu entscheiden, obwohl schon viele Ressourcen in die Planung geflossen sind und es ja auch Befürworter der Straße gibt, die man vor den Kopf stoßen würde. Bislang fehlt es an diesem Mut und man macht in Düsseldorf einfach weiter, ignorierend, dass die Welt und Bedürfnisse der Menschen sich gewandelt haben.

Deshalb ist es richtig und notwendig, dass ihr heute mit dieser Fahrraddemo die Stimme erhebt und eure Position, der die Zukunft gehört, deutlich macht. Ich wünsche der Veranstaltung ein gutes Gelingen!