Rede von Janine Heinze anläßlich der Fahrraddemo

Schön, dass Sie alle gekommen sind! Mein Name ist Janine Heinze. Ich würde ihnen gerne kurz was vorlesen:
Ich freue mich auf alle Spaziergänger, Radfahrer, Angler, Hundefreunde, Eltern mit Kinderwagen, Eltern mit Kindern auf Laufrädern und Jugendliche deren Treffpunkt im Sommer die Erft ist und viele mehr, die dieser Gruppe beitreten.

Mit dieser Einleitung habe ich, Janine Heinze, vor knapp 4 Jahren am 11. Mai 2018 die Facebook Gruppe „Nein! zur L361n“ erstellt. Meine Gedanken damals, kurz bevor ich den Button „erstellen“ drückte, belächle ich heute. Ich dachte: „Hoffentlich melden sich mehr wie 20 Leute an“. Und wer von Anfang an dabei war, weiß, dass meine Sorge nicht genug Mitstreiter zusammen zu bekommen, völlig unbegründet war. 20 waren’s innerhalb der ersten Stunde. Nach einem Tag hatten wir 450 Mitglieder und heute sind wir unglaubliche 720 allein nur auf diesem einen Kanal „Facebook“. Eine Plattform zum Austausch, Zusammenkommen und  Organisieren war nun geschaffen.

Unser Hauptziel war klar: Die Erftaue retten! Aber wie gehen wir das an? Und welche Chancen können wir nutzen?

Nachdem sich der Verein „Rettet die Erftaue“, neue und aktive Mitstreiter mehrmals zusammengesetzt hatten, stand unser Weg fest:

Wir wollen nicht nur „Nein!zur L361n“ sagen, sondern auch belegbare Fakten liefern warum diese Umgehung nicht funktioniert und das mit professioneller Hilfe. Wir wollten nach Alternativen Ausschau halten und mit diversen Plattformen und Gesprächen alle Beteiligten, aufklären.

Und so starteten wir.
Wir stellten die wichtigsten Fakten zusammen und stellten sicher, dass diese belegbar waren und für jedermann leicht zu prüfen. Wir luden Fürsprecher der L361n ein. Bürgermeister Klaus Krützen kam, um sich unserer Argumente anzuhören. Wir luden Herrn Rinkert von der SPD ein…Und ab da brauchten wir nicht mehr einladen, denn die Aufmerksamkeit war groß genug geworden. So wurden wir eingeladen: Vom Erftkurier, der NGZ, News 89.4 rief an und wir waren bei fast allen Parteien zu Gast bei den Grünen, den Linken, der UWG und Mein Grevenbroich…. Wir bemerkten schnell, dass wir mit unseren belegbaren Fakten und vor allem mit unserem maßstabgetreuen Modell von der L361n mindestens auf offene Ohren stießen.  Im Juni 2018 starteten wir unsere Petition, die uns nicht nur unfassbare 2.300 Unterschriften gegen die L361n einbrachte, sondern uns die Möglichkeit gab, an Info-Ständen oder an Haustüren mit den Leuten in einen offenen Dialog zu kommen. Aber nicht nur das, durch diese große Aufmerksamkeit und vielen Gesprächen schlossen sich Spezialisten für Naturschutz, Medien, Recht und Straßenbau uns an, die uns bis heute mit ihrer Kompetenz unterstützen.

Mein persönliches Highlight und eine emotionale Achterbahn in den Jahren war jedoch definitiv der Fackelzug, genau an dieser Stelle im Herbst 2018, mit Wachsfackeln 🙂 . 15 Minuten vor Start haben wir uns angeschaut und dachten, es kommt keiner…. Und dann geschah das was uns allen bis heute im Gedächtnis geblieben ist. Von allen Wegen zum Kirmesplatz kamen die Leute angelaufen, wahrscheinlich viele von ihnen, mit selbst gemachten Schildern und eigenen Laternen. Und als die Fackeln angezündet wurden, war das einfach nur ein unglaublich tolles Bild. Über 600 entschlossene Gegner der L361n waren gekommen.
Und im Herbst 2019 bekam ich eine WhatsApp die bewies, dass unser Weg mit einer ehrlichen, offenen Kommunikation, der Richtige ist. Der Anfang dieser Nachricht lautete:

Hallo Frau Heinze, ich habe gestern im Fraktionsvorstand der SPD erklärt, dass ich meine Unterschrift unter der Resolution zurückziehe. Ich lehne dieses Straßenbauprojekt ab. (..)

Viele Grüße- Klaus Krützen.

Es war eine unglaubliche Wendung und wer an diesem Abend aus dem Fenster sah, konnte sehen wie Dirk Schimanski mit einer Sektflasche unter dem Arm in Rekordgeschwindigkeit (damals noch ohne e-Bike) zu uns gerannt kam.  Diese Entscheidung von Klaus Krützen hat bis heute meinen vollen Respekt und für mich auch ein richtiges, wichtiges Zeichen gesetzt:

Die Welt und die Dinge sind immer im Wandel und wir müssen alle regelmäßig Einstellungen und das eigene Handeln überdenken, um keine falschen Entscheidungen zu treffen, die negative Auswirkungen mit sich ziehen. Um 1900 sagte Karl Wilhelm II:

„Das Auto ist eine vorübergehende Erscheinung.Ich glaube an das Pferd“.

Über 100 Jahre konnten wir darüber schmunzeln, kommt man jetzt an einer Tankstelle vorbei, ist die Idee mit dem Pferd vielleicht gar nicht so schlecht.
4 Jahre nach der Erstellung der Facebookgruppe stehe ich nun hier oben vor ihnen. Die L361n ist immer noch nicht vom Tisch. Aber es hat sich viel getan:

  • An der schwarzen Brücke an der Erft entlang kann man einen tollen Naturlehrpfad bewundern
  • Die Kindergärten haben Bäume gepflanzt.
  • Einen Bienen Projekt ist ins Leben gerufen worden.
  • Regelmäßige Erft-Clean-Ups finden statt.
  • In Grevenbroich hat sich das Bündnis: Nahfairkehr gegründet.
  • Die Antworten auf die Wahlprüfsteine die wir an die Landtagskandidierenden verschickt haben, sind deutlich: alle außer der CDU denken , dass die L361n keine zeitgemäße Lösung darstellt.


Corona war und ist eine schlimme Zeit, aber viele haben auch gemerkt wie schön und wichtig die Natur ist vor allem bei uns direkt vor der Haustür. Die Nutzung zur Erholung an
der schwarzen Brücke oder für Sport hat deutlich zugenommen und wird noch viel mehr wertgeschätzt wie vor noch 4 Jahren.
Auch hat Corona dafür gesorgt, dass Homeofficeplätze überall wo es möglich ist, aus dem Boden gestampft wurden. Die Laptops werden nicht wieder in den Schubladen verschwinden, sondern für weniger Verkehr auf den Straßen Sorgen. Der Verkauf von e-Bikes boomt enorm und ist ein immer beliebteres Fortbewegungsmittel. Alle Ampeln stehen grün für die Verkehrswende und den Klimaschutz. Nur für Kapellen ist man in manchen Instanzen der Meinung, dass Klimaschutz und Verkehrswende hier keine Rolle spielen dürfen.

Jeder darf in Beziehung auf die L361n seine eigene Meinung haben, aber eigene Wahrheiten helfen keinem weiter:
Hier ein paar Beispiele:

  • Die L361n fließt harmonisch in die Landschaft ein. Natürlich, wer kann sich nicht vorstellen, wie schön es sein wird auf der schwarzen Brücke zu stehen, statt auf die Erft zu schauen die Autos zu zählen und dem Rauschen der LKW zu lauschen.
  •  „Das Faunistische Gutachten bestätigt, dass aus Sicht des Artenschutz keine Ausgleichsmaßnahmen erforderlich sind.“ konnten wir vor einiger Zeit lesen. Dies aus dem Zusammenhang gerissen und falsch zitiert und dann als Propaganda benutzt.
  • Das neue Gutachten baut auf dem vorherigen Gutachten aus 2007 und 2011 auf, indem umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen für Pirol, Fledermaus etc. benannt sind. Die natürlich auch weiterhin gelten und durchgeführt werden müssen. Jeder kann das nachlesen.


An dieser Stelle könnte ich noch viele Beispiele aufgreifen, welche Unwahrheiten über die L361n im Umlauf sind. Wichtiger ist aber, niemanden zu verurteilen, der nur eine andere Meinung hat (schon gar nicht Nachbarn oder Familie) Gerade die heute Zeit lehrt uns doch, dass Zusammenhalt, Solidarität und Toleranz wichtiger denn denn je sind, auch wenn die Meinungen hier und da mal auseinander gehen. Wichtig ist aber, bei der Wahrheit zu bleiben und gehörtes oder geschriebenes zu hinterfragen.  Unser Ziel für alle Bürger in Kapellen, Wevelinghoven, Hülchrath, Mühlrath, Münchrath, Neubrück und Langwaden ist es, zu erreichen, dass durch verschiedene Maßnahmen wie LKV-Durchfahrtsverbot und Investitionen in das S-Bahn und Radwegenetz den Verkehr in den Ortschaften zu reduzieren und das, ohne die L361n, die unser letztes Stück Natur unwiederbringlich zerstört und nicht die versprochene Verkehrsentlastung bringt!


Wenn wir es gemeinsam schaffen für Gehör zu Sorgen, dann haben alle gewonnen und keiner verloren, ob für oder gegen die L361n.
Ich danke ihnen allen, dass Sie heute hier sind um ein Zeichen zu setzen und wünsche ihnen ein schönes gemeinsames Radfahren und anschließendem Verweilen.