Stellungnahme zu den Vorhaltungen von der Bürgerinitiative „Pro O“

Im Sinne einer sachlichen Auseinandersetzung mit der Thematik eines Lkw-Verbotes für Kapellen sowie der Diskussion um die Varianten einer möglichen Ortsumgehung möchten wir mit diesem Schreiben Stellung zu den Vorhaltungen von „Pro O“ nehmen. Hierbei sind die entsprechenden Textpassagen (Zitate) aus dem Schreiben von „Pro O“ in Kursivschrift abgedruckt und rot gekennzeichnet.

„Gewerbetreibende und Industrie sehen keine Möglichkeit ihre Betriebe bei uns anzusiedeln, da durch die schlechte Verkehrsanbindung andere Wettbewerbsvorteile nicht zum Tragen kommen. Anstatt dies nun zu fördern und kurze Arbeitswege für die Bürger zu schaffen – womit eine Verkehrseindämmung einherginge – vernachlässigen unsere gewählten Vertreter eine zukunftsweisende Verkehrsentwicklung“.

Dies soll als Argument für eine Umgehungsstraße durch die Erft-Auen dienen. Hierbei wird jedoch ignoriert, dass sowohl die alten als auch die neuen und noch geplanten Gewerbeflächen allesamt auf der anderen Seite des Ortes liegen. Diese sind prinzipiell sehr gut verkehrstechnisch erschlossen. Die A 46 liegt in unmittelbarer Nähe.

Lediglich eine Umsetzung der geplanten Anbindung an die K 10 sowie gegebenenfalls eine Lkwgerechte Vergrößerung der Kreisverkehre „Auf den Hundert Morgen“ fehlen noch. Insofern sind die Ansiedlungsprobleme (und der Leerstand im alten Gewerbegebiet) wohl doch der generell schwierigen Wirtschaftslage zuzurechnen.

„Aus reinem Populismus melden sich jetzt die Gegner der Ortsumfahrung wieder zu Wort und fordern ein Lkw-Durchfahrtsverbot für die besagten Ortsteile (warum erst jetzt). Ihrem Vorwand, die Erft-Aue retten zu wollen, wurde der Wind aus den Segeln genommen: Die neue Planung der L361n beeinträchtigt die Erft-Aue nicht. Das nunmehr geforderte Lkw-Durchfahrtsverbot dient nur der Ablenkung, um den Lückenschluss der L361n zu verzögern“.

Diese Darstellung ist sachlich nicht korrekt. Das Lkw-Verbot wurde schon in den Jahren von 2005 bis 2007 mehrfach im Bau-Ausschuss und Rat der Stadt Grevenbroich unter der Überschrift „Lkw-Konzept im Stadtgebiet“ behandelt. Entsprechende Protokolle können eingesehen werden. Vor dem Hintergrund der derzeit gültigen Beschluss- und Haushaltslage versuchen wir zumindest, eine Alternative zu finden, die die Bürger entlastet, während „Pro O“ stur an einer von der Realität der Neubebauung längst eingeholten Umgehung festhält.

Versuche auf anderem Wege eine zumindest geringe Entlastung der Bürger zu erreichen, werden kategorisch abgelehnt. Es könnte der Eindruck entstehen, dass „Pro O“ weniger an dem Wohl der Anwohner als vielmehr an der Realisierung einer ganz bestimmten Variante einer Ortsumgehung gelegen ist. Dass die L 361n die Erft-Aue nicht beeinträchtigt, ist faktisch falsch. Die um ein gesetzlich geschütztes Biotop gelegenen Landschaftsschutzgebiete werden von diesem abgeschnitten und mehrfach zerteilt. 100.276 Quadratmeter Fläche werden versiegelt und die Erft unmittelbar neben dem genannten Biotop gequert.

„Ein Lkw-Durchfahrtsverbot für Kapellen und Wevelinghoven ist kontraproduktiv. Die Einführung eines Lkw-Fahrverbotes hält die ,Bürger-Initiative pro O‘ nicht für ein probates Mittel. Einerseits würde der Lkw-Verkehr in Ermangelung adäquater Ausweichstrecken dadurch nur in die umliegenden Orte verlagert – die Anwohner im Neubaugebiet in Kapellen, in Hemmerden und in Noithausen wären die Leidtragenden“.

Hier wird bewusst oder unbewusst ignoriert, dass in Hemmerden und Noithausen bereits Durchfahrtsverbote für Lkw bestehen. Bezüglich des Neubaugebietes wird aufgrund der dort sich ansiedelnder Gewerbe Lkw-Verkehr naturgemäß entstehen. Allerdings besteht hier die Möglichkeit, wie von uns auch im Rahmen der Unterschriftenaktion gefordert, effektive Lärmschutzmaßnahmen zu ergreifen, so dass das Mehr an Verkehr durch eine Umgehung über diese Straße nicht zu einer Belastung der Neubürger führt.

„Die Mehrzahl der Fahrzeuge, die unsere Straßen verstopfen, sind Pkws. Von ,pro O‘ werktags durchgeführte Stichproben ergaben ein Verhältnis von 15 Pkw je Lkw“.

Eine Aussage, deren statistischer Wert nicht belegt ist. Die Reaktionen der betroffenen Bürger, die ihre Unterschrift abgaben, sowie von „Pro O“ gerne selber auf ihrer Internetseite genutzte Fotos von der Verkehrssituation (Lastzug mit dahinter hängender Fahrzeugkolonne quält sich über die Neusser Straße) sprechen jedoch eine deutlich andere Sprache. Die Pkw-Zahlen können ebenfalls nicht als Argument für eine Umgehungsstraße durch die Erft-Auen dienen, wie ein Gutachten des Landesbetriebes Straßenbau NRW, Niederlassung Mönchengladbach, vom 30. November 2004 (Az.2.20.03.10-48-3056) zu dieser Variante belegt.

Aus diesem Grund ist eine Umgehungsstraße durch die Erft-Auen wie im Gutachten belegt, nicht zielführend, da sie (auf der anderen Ortsseite gelegen) nicht angenommen werden würde. Sinnvoller wäre es, den Verkehr dort aufzunehmen, wo er entsteht, nämlich an den neuen Gewerbe-und Wohngebieten. Daher fordern wir den Ausbau der darüber hinaus noch deutlich günstigeren Westumgehung verbunden mit Lärmschutzmaßnahmen
(die Flächen stehen zur Verfügung) für das Neubaugebiet.

„Dabei scheint es den sogenannten „Auenrettern“ nicht um die Natur und niedrigere Verkehrsbelastung zu gehen, sondern hier versucht eine Minderheit auf Kosten der Allgemeinheit eine privilegierte Lage beizubehalten. Ein Interessenausgleich wäre von Nöten! Die von den Gegnern der Ortsumfahrung nun plötzlich beklagte innerörtliche Verkehrsbelastung ist erst durch ihr eigennütziges Verhalten entstanden und wird auf die Dauer zum Niedergang eine Region führen, wenn die Politik weiterhin so fahrlässig handelt“.

Hier wird „Pro O“ in der Argumentation vollends unsachlich. Dass die „Auenretter“ durch eigennütziges Verhalten die innerörtliche Verkehrsbelastung verursacht haben sollen, bedarf keiner weiteren Kommentierung.

Was den Vorhalt, dass hier eine privilegierte Lage verteidigt werden soll, argumentiert „Pro O“ gerne auch mal anders: „Im Tüschenbroich haben Leute Haus und Bauland besonders günstig erworben, weil der Bau der Umgehungsstraße bereits feststand“. (Leo Krüll, Sprecher von „Pro O“)

Richtig ist vielmehr, dass Grundstücksbesitzern in Aussicht gestellt wurde, dass Gartenland und landwirtschaftlich genutzte Flächen im Landschaftsschutzgebiet nach dem Bau der Umgehungsstraße eine immense Wertsteigerung erfahren könnten, da diese Flächen dann Bauerwartungsland würden. Ob hier der Grund Einzelner für die einseitige und kompromisslose Fixierung auf die Umgehungsstraße durch die Erft-Aue liegt, kann nicht beurteilt werden.

Zu dem Vorwurf, dass eine Minderheit sich gegen die Allgemeinheit stelle, möchten wir auf folgende Fakten hinweisen:

  • An einer Veranstaltung von „Pro O“ nahmen nach eigenen Angaben 40 Personen teil – An einem Fackelmarsch von „Rettet die Erft-Aue“ gegen diese Trassenführung beteiligten sich nach Polizeiangaben 400 Personen (…).
  • Die von „Pro O“ oft zitierte Bürgerbefragung aus 2001 ist nicht repräsentativ: In Kapellen nahmen nur 18,82 Prozent in Wevelinghoven sogar nur 12,40 Prozent der Bürger teil.
  • Rund 450 Unterschriften für ein Verbot der Lkw-Durchfahrt binnen einer Woche (davon etwa 350 an einem Tag).

Wir hoffen, dass wir mit diesem Schreiben die zum Teil verständlicherweise sehr emotional geführte Diskussion wieder auf die Sachebene zurückbringen. (…)

Zum Abschluss möchten wir noch ein aktuelles Zitat von FDP-Ratsherr Uwe Schmitz aus der Debatte um das Lkw-Verbot anführen: „Wenn wir einem Verbot zustimmen ist das doch ein Verhinderungsgrund für den Bau der Landstraße 361n„.

Hier zeigt sich deutlich, was den Befürwortern der Umgehungsstraße durch die Erft-Auen am Herzen liegt. Das Wohl der Bürger ist es augenscheinlich nicht.